30. November 2020

Ein neues Weihnachten ist möglich

Ein neues Weihnachten ist möglich
Gemeinsame Botschaft des Katholischen Forums und der Consulta delle aggregazioni laicali.

Das Katholische Forum und die Consulta delle aggregazioni laicali ermutigen in diesem besonderen Jahr dazu, den Blick auf die freudige Botschaft des Weihnachtsfestes zu lenken und für ein faires, nachhaltiges und gerechtes Miteinander in der Gesellschaft einzutreten.

Das ausklingende Jahr 2020 war für uns alle, lokal und weltweit, ein äußerst schwieriges Jahr. Dies soll uns Anlass für einen Moment des Innehaltens und des Nachdenkens über unsere gemeinsame Verantwortung sein. Die Botschaft von Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si’ erweist sich einmal mehr als brandaktuell: Er ermutigt uns mit Nachdruck, die Schöpfung als unser gemeinsames Haus zu achten und zu pflegen. Er zeigt den Weg einer ganzheitlichen Ökologie auf, in der die Logik von Profit und Gewinn überwunden und das Wohl der Menschen und der Schöpfung in die Mitte gestellt wird.

Die Pandemie führt uns vor Augen, was wesentlich ist: die Mitmenschen an unserer Seite mit ihrer Verletzlichkeit, ihren Ängsten und ihrer Schutzbedürftigkeit. Mehr denn je ist die Botschaft des Evangeliums aktuell. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest. In einer Zeit, in der viele Menschen in Not geraten und nicht wissen, wie es weitergehen soll, kann auch das kommende Weihnachtsfest nicht einfach so sein wie immer. Die Ereignisse dieses Jahres drängen uns, mit lauter Stimme die Weihnachtsbotschaft der Hoffnung, der Freude, des Friedens und der Geschwisterlichkeit zu verkünden.

Jesus ist für uns alle geboren: Arme und Reiche, Migranten und Einheimische, Obdachlose und ganz alltägliche Menschen, unabhängig von politischer oder religiöser Einstellung. Von hierher wollen wir freudig anerkennen, dass alle das Recht haben, in einer besseren Welt zu leben, in der die Schöpfung geachtet und den Leidenden ein Ohr geschenkt wird.

Wir sind gerufen, ein neues Weihnachten zu feiern, mit erneuertem Blick und erneuertem Herzen: losgelöst von egoistischem Konsumismus, mit einem nüchternen Lebensstil, in freudiger Mitmenschlichkeit, das Licht von Betlehem im Blick. Dieses ist das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet. Wir fordern von daher die kirchlichen und zivilen Institutionen auf, in den Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten auf Äußerlichkeiten zu verzichten und dafür vermehrt Mittel für Menschen in Not in unseren Nachbarschaften und Gemeinschaften einzusetzen. Wir ermutigen alle, auf die Botschaft der Geburt Jesu zu hören, der in einem Stall geboren wird, sich uns anvertraut und uns ein Wort der Liebe und des Vertrauens bringt. Wir ermutigen alle, die Botschaft des Engels in ihr Herz zu lassen: ich verkünde euch eine große Freude!

3. September 2020

Zusätzlich, zusätzlich, zusätzlich...

Zusätzlich, zusätzlich, zusätzlich…
Pressemitteilung des Katholischen Forums

Die aktuelle Mitteilung zu den Personalveränderungen und Ernennungen in der Diözese schreibt wenig überraschend die Tendenz der vorhergehenden Jahre fort. Die Pfarrer übernehmen zusätzliche Dienste, um die pfarrlichen Strukturen und Dienste aufrechtzuerhalten. „Zusätzlich“, so auch der Generalvikar in einem Radiointerview, sei der Begriff, der in der Mitteilung am häufigsten vorkommt.
Die Situation in den Pfarreien und in der Diözese wird von Jahr zu Jahr schwieriger und es ist abzusehen, dass es mit einem bloßen „zusätzlich“ bald nicht mehr getan sein wird. Das Thema Priestermangel wurde bereits auf der Diözesansynode ausführlich diskutiert und verschiedene Lösungsvorschläge wurden damals angedacht: Übertragung von Diensten an Laien, Freistellung des Zölibats, Weihe von Frauen u.a.m. Reicht das aus? Der Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner sagt: „Die Kernfrage ist nicht, wie es mehr Priester und andere Hauptamtliche geben kann, sondern wie – auch junge – Menschen gewonnen werden können, sich der von Jesus in Gang gesetzten Bewegung anzuschließen.“ In diesem Sinne bringt die vor kurzem erschienene Instruktion der römischen Kleruskongregation „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ auf den ersten Seiten eine durchaus wichtige Vision zum Ausdruck, verfällt allerdings im Hauptteil in eine sehr klerikal geprägte Sichtweise, die an der Realität vieler Pfarreien vorbeigeht und nicht dazu angetan ist, Laien, vor allem auch junge Laien, zu ermutigen, sich zu engagieren. Krisis bedeutet Entscheidung. Die Krise, in der sich die Kirche befindet, ruft nach mutigen Entscheidungen im Sinne einer missionarischen Kirche und der Suche einer neuen Inkulturation der Botschaft des Evangeliums in unserer modernen und säkularisierten Welt. Das ist die Herausforderung, vor der die Kirche, auch in Südtirol, steht.
Für den Vorstand des Katholischen Forums
Sonja Reinstadler und Franz Tutzer (Vorsitzende)

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Das Katholische Forum ist ein freiwilliger Zusammenschluss folgender Vereine, Verbände und Gruppen: Katholische Jungschar Südtirols, Südt. Kath. Jugend, Kath. Frauenbewegung, Kath. Männerbewegung, Kath. Familienverband Südtirols, Kath. Verband der Werktätigen, Kolpingwerk Südtirols, Südt. Vinzenzgemeinschaft, Organisation für eine solidarische Welt, Kath. Südt. Lehrerbund, Berufsgemeinschaft der Religionslehrerinnen und Religionslehrer, Südt. Pfadfinderschaft, Kath. Blindenapostolat, Verein La strada-Der Weg, Arbeitsgemeinschaft Jugenddienste.

28. August 2020

Offener Brief zum Kommentar "Wasser predigen und Wein trinken - Beispiele aus der Politik: A. Kompatscher und P. Köllensperger"

Bozen, 28.08.2020

An den Chefredakteur der Tageszeitung „Dolomiten“

Sehr geehrter Dr. Toni Ebner,
mit Befremden hat der Vorstand des Katholischen Forums den Kommentar „Wasser predigen und Wein trinken – Beispiele aus der Politik: A. Kompatscher und P. Köllensperger“, verfasst von krah und veröffentlicht in der Ausgabe der Tageszeitung Dolomiten vom Samstag, 22. August, zur Kenntnis genommen. Die in diesem Kommentar zum Ausdruck gebrachte Häme gegenüber Landeshauptmann Arno Kompatscher und dem Landtagsabgeordneten Paul Köllensperger hat mit sachlicher Kritik nichts zu tun. Hier geht es nur mehr darum, jemanden lächerlich zu machen und vorzuführen. Ein freier Journalismus ist ein hohes Gut und für eine Demokratie unverzichtbar. Die Verantwortung, die damit einhergeht, ist groß und muss gepflegt werden. Das schließt harte sachliche und politische Diskussion und Kritik nicht aus, im Gegenteil. Leider ist seit Jahren eine Tendenz zu sprachlichen Entgleisungen, zur Herabwürdigung von Personen und zur Bedienung niederer Instinkte in vielen Medien sichtbar geworden. Dass auch der genannte Kommentator in der Tageszeitung „Dolomiten“ sich diesem Trend anpasst, erfüllt uns mit Sorge. Durch Sprache bildet sich auch Wirklichkeit. Ein Journalismus, der die Würde des Anderen, des Gegenübers, des politisch Andersdenkenden, auch der Person, die einen Fehler macht, achtet, widersetzt sich dem derzeitigen Trend und trägt zu Verständigung und gegenseitigem Respekt bei. Und das erwarten wir von einem Medium, das auf eine lange katholische Tradition zurückblickt.
Die Vorsitzenden des Katholischen Forums
Sonja Reinstadler und Franz Tutzer

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Das Katholische Forum ist ein freiwilliger Zusammenschluss folgender Vereine, Verbände und Gruppen: Katholische Jungschar Südtirols, Südt. Kath. Jugend, Kath. Frauenbewegung, Kath. Männerbewegung, Kath. Familienverband Südtirols, Kath. Verband der Werktätigen, Kolpingwerk Südtirols, Südt. Vinzenzgemeinschaft, Organisation für eine solidarische Welt, Kath. Südt. Lehrerbund, Berufsgemeinschaft der Religionslehrerinnen und Religionslehrer, Südt. Pfadfinderschaft, Kath. Blindenapostolat, Verein La strada-Der Weg, Arbeitsgemeinschaft Jugenddienste.

26. Mai 2020

Katholisches Forum zur Corona-Pandemie Fragen an Gesellschaft und Kirche

Eine Pandemie zieht durch die Welt und wir haben mehrere Wochen lang ausgeharrt, eingeschlossen in unseren Häusern und in physischer Distanz zu unseren Nächsten, versorgt mit pausenlosen Meldungen über Kurvenverläufe und Todesraten, konfrontiert mit medizinischem Fachwissen, Bildern von vermummten Ärzten und Pflegern, ständig ermahnt von Politikern, die Souveränität an den Tag zu legen versuchten. Die erlassenen Maßnahmen haben wir hingenommen, aus der Einsicht heraus, dass es wohl keine Alternative dazu gab.
Inzwischen werden die Stimmen immer lauter, die nach Antworten auf den langsam zu Ende gehenden Stillstand rufen, Planungen einfordern, Überlegungen anstellen, was morgen und übermorgen zu tun sei, die Rückkehr zur „Normalität“ ausrufen oder auch schon genau zu wissen meinen, was anders werden muss.
Als Katholisches Forum wollen wir uns bewusst darauf beschränken, die Zeichen der Zeit, die Schrift an der Wand, die das Virus derzeit weltweit buchstabiert, sorgfältig zu lesen und mögliche Fragen dazu zu stellen. Nur fragend tasten wir uns in dieser Situation der Ungewissheit vorwärts.

Was hat das Virus und die von diesem ausgelöste Pandemie mit unserer Lebensweise zu tun?

Häufig wird in diesen Tagen ein direkter Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Lebensweise in der globalisierten Welt postuliert. Globalisierung und Verstädterung, Klimawandel und schrankenloser Tourismus, industrielle Landwirtschaft und eine Konsummentalität allenthalben werden aufgerufen. Vor vorschnellen Kausalitätszuschreibungen ist allerdings zu warnen. Seuchen hat es zu jeder Zeit gegeben, auch ohne die genannten Faktoren. Wurden Seuchen in vergangenen Zeiten als Strafe eines zornigen Gottes gedeutet, scheint die „Natur“, die „Ökologie“ diese Funktion übernommen zu haben. Und doch muss die Frage erlaubt sein, ob die Lebensweise der modernen, produktions- und verbrauchsversessenen, hypervernetzten Welt nicht ein besonderes Verstärkungspotential für die Verbreitung in sich trägt. Was heißt das für die eben beginnenden sozialen, politischen und wirtschaftlichen Gehversuche in die „Zeit nach Corona“ hinein?

Ist die „soziale Distanzierung“ eine Signatur unserer Zeit und durch die Pandemie-Maßnahmen bloß in ihrer extremen Form zum Ausdruck gekommen?

Wir haben in den vergangenen Wochen die Maßnahmen des social distancing als starke Einschränkung erlebt. Wie nie zuvor wurde uns bewusst, wie wichtig die Begegnungen mit anderen Menschen für ein gutes Leben sind. Unser Erschrecken und unsere Betroffenheit in dieser Situation hängen aber vielleicht auch damit zusammen, dass diese Pandemiemaßnahmen bloß etwas zur Pflicht erhoben haben, was schleichend bereits seit Jahrzehnten eingeübt wird. „Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir voneinander immer unabhängiger und vom Ganzen immer abhängiger werden“ beschrieb der Schriftsteller Botho Strauß bereits vor Jahrzehnten die untergründig vor sich gehenden gesellschaftlichen Veränderungen hin zu einem ungebremsten Individualismus. Sind wir imstande und gewillt, bewusstere Formen des miteinander Umgehens, des aufeinander Zugehens zu suchen und zu finden?

Werden durch die Pandemie soziale Schieflagen und Ungerechtigkeiten deutlicher sichtbar?

Die Katholische Frauenbewegung hat bereits darauf hingewiesen: Es ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden, dass Frauen in den Familien, in den Pflegeberufen, in den Grundversorgungsbranchen einen großen Teil der Last in der Bewältigung der alltäglichen und lebensnotwendigen Aufgaben tragen. Als „systemrelevant“ wird ihr Beitrag derzeit gelobt. Und bald wieder vergessen?
Wurden bei den in den vergangenen Wochen getroffenen Entscheidungen die Familien ausreichend wahrgenommen und berücksichtigt? Kommt in der Krisensituation – so der Eindruck des Katholischen Familienverbands – nur noch einmal deutlicher eine generelle Haltung einer geringen Beachtung der Gesellschaft gegenüber den Familien zum Ausdruck? Wie geht es den Kindern und Jugendlichen? Werden deren besonderen Gefährdungen und Nöte in dieser Zeit, die soziale Verarmung, wahrgenommen und bedacht? Ist der digitale Fernunterricht die einzige Antwort auf die geschlossenen Schulen? Sind die Menschen, die an den Rändern unserer Gesellschaft leben, völlig aus dem Blick verschwunden?

Welche Fragen stellt uns diese Krise in Bezug auf unsere Wirtschaft?

Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden derzeit heftig diskutiert. Es gibt die unterschiedlichsten Szenarien, die meisten mit negativen Vorzeichen. Es stellt sich die Frage, ob die Form der globalisierten Wirtschaft mit eingebautem Wachstumszwang, unverantwortlichem Verbrauch von Ressourcen, ungebremstem Konsum und Verschleiß von Gütern die einzig denkbare Form des Wirtschaftens darstellt. Die Verwundbarkeit dieser Form des Wirtschaftens ist in der Zeit der Pandemie für alle sichtbar geworden. Welche Möglichkeiten ergeben sich aus einem wirtschaftlichen Umdenken für unsere Region?
Die Erfahrung der vergangenen Wochen hat den Konsumenten gezeigt, dass nicht alle Güter und Dienstleistungen zu jeder Zeit verfügbar sein müssen und dass Geschäfte auch am Sonntag geschlossen bleiben können. Ist nicht der Verzicht auf das Einkaufen am Sonntag – eine Forderung, die das Katholische Forum seit langem erhebt und die letzthin auch die Katholische Männerbewegung wieder zur Sprache gebracht hat – ein Gewinn für die Familien und für die Gesellschaft insgesamt?

Wie ist unser Verhältnis zum Tod, zum Sterben?

Die vielen Toten, die zu beklagen waren, auch das Leid der Kranken, stellen uns die Frage nach unserem Verständnis von Sterben und Tod mit nicht aufschiebbarer Dringlichkeit. Sind die Toten nur mehr Zahlen in abstrakten Statistiken? Wie verstehen wir als Christen Leiden, Sterben und Tod? Ist der Tod nur als Niederlage zu interpretieren, als eine Niederlage, die der medizinische Apparat nicht abzuwenden imstande war? Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass diese Pandemie vor allem alte und gebrechliche Menschen gefährdet hat?

Was lernen wir als Kirche aus der Erfahrung der Pandemie?

Die vergangenen Wochen ohne öffentliche Gottesdienste waren für viele Gläubige eine Wüstenerfahrung. Schnell wurde als Behelf auf die digitale Form der Gottesdienstübermittlung zurückgegriffen. Ist das wirklich ein Ersatz für die gemeinschaftliche Feier mit „realer Präsenz“? Können wir uns jetzt wieder zurücklehnen und uns zufriedengeben mit der vorsichtigen Öffnung der Kirchentüren? Oder können wir aus der Erfahrung der Krise den Mut und die Phantasie zu neuen Formen der Feier unseres Glaubens und des pfarrlichen Lebens finden? Ist die kirchliche „Wüstenerfahrung“ dieser Wochen ein Anlass, die in der Synode angedachten neuen Wege mit Entschiedenheit zu beschreiten? Und: Ist diese Krise letztlich nicht auch eine Anfrage an unseren Glauben und an unser Verständnis des Christseins heute?

20. Februar 2020

Stellungnahme zum Schreiben "Querida Amazonia"

Der im Jänner neu bestellte Vorstand des Katholischen Forums traf sich in dieser Woche unter dem Vorsitz der neuen Präsidenten Sonja Reinstadler und Franz Tutzer zur konstituierenden Sitzung. Aus aktuellem Anlass stand dieses erste Zusammentreffen ganz im Zeichen des mit großer Spannung erwarteten nachsynodalen Schreibens „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus.
Katholisches Forum: ein Netzwerk von 15 kirchlichen Vereinen und Verbänden
Fünfzehn kirchliche Vereine und Verbände sind seit Anfang der 1990 er Jahre im Katholischen Forum zusammengeschlossen, um als Netzwerk engagierter Christen von der Jungschar bis zum KVW, von der Vinzenzgemeinschaft bis zur OEW die Stimme in der Kirche und in der Gesellschaft zu erheben und die Anliegen und Themen der Mitgliedsorganisationen nach innen und außen zu vertreten. Am 14. Jänner wählte die Mitgliederversammlung mit Sonja Reinstadler und Franz Tutzer ein neues Führungsduo. Im Vorstand vertreten sind weiters Angelika Mitterrutzner, Präsidentin des Katholischen Familienverbands, Irene Vieider, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung, Roland Feichter und Gerhard Duregger, beide von der Katholischen Männerbewegung sowie Daniel Donner von der SKJ.

Zwei Synoden: gleiche Lösungsansätze

Aus aktuellem Anlass beschäftigte sich der neue Forumsvorstand in seiner konstituierenden Sitzung mit dem jüngst erschienen nachsynodalen Schreiben des Papstes „Querida Amazonia“. In den vergangenen Tagen kam es dazu von vielen Seiten zu unterschiedlichen Stellungnahmen und Bewertungen. Für den Forumsvorstand zeigen sich etliche Parallelen zwischen der vor rund 5 Jahren stattgefundenen Synode der Diözese Bozen-Brixen und der im Herbst 2019 stattgefundenen Amazonassynode. „Beide Synoden konnten trotz drängender sozialer, ökologischer und kultureller Themen nicht umhin, sich auch den pastoralen Nöten und Herausforderungen zu stellen“, so das Fazit des Vorstands. „Beide Synoden befassten sich ausdrücklich mit den so genannten heißen Eisen wie beispielsweise der Weihe von verheirateten Menschen, Frauen wie Männern und in beiden Synoden ergaben sich schließlich deutliche Mehrheiten für radikale innerkirchliche Reformen.“
In diesem Zusammenhang will der neue Forumsvorstand auch daran erinnern, dass am 25.01.2015 die Synode der Diözese Boten-Brixen in sieben so genannten Stimmungsbarometern mit mehr als deutlichen Mehrheiten für die Freistellung des Zölibats (70%), für das Diakonat der Frau (79%), für die Priesterweihe von Frauen (62%), für die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten (83%), für die Krankensalbung auch durch so genannte Laien (67%) votiert hat. Amazonien ist uns also näher als gedacht.

Was hat Amazonien mit Südtirol zu tun.

Papst Franziskus hat viele mit seinem nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia überrascht, manche ratlos zurückgelassen, manche auch enttäuscht. Das Katholische Forum, der Zusammenschluss von verschiedenen Laienorganisationen, sieht durch dieses Dokument auch die Kirche in Südtirol herausgefordert.
In eindringlichen Worten benennt Papst Franziskus die Wunden, die dem „geliebten Amazonien“ geschlagen wurden und werden, sozial, ökologisch und kulturell. Und er spricht deutlich die Zusammenhänge an, aus denen heraus das Leiden der dort lebenden Menschen und die Schändung der natürlichen Mitwelt in zunehmendem Maß verursacht, hingenommen oder einfach ignoriert wird. Wie schon oft, macht Papst Franziskus auch in diesem Schreiben deutlich, wie all das mit unserer Lebensweise, unserer Art des Wirtschaftens zu tun hat. Seine Visionen eines guten Lebens (buen vivir) für Amazonien fordern auch uns Christinnen und Christen in Südtirol heraus, unseren Lebensstil zu hinterfragen und unseren Glauben mit offenen Augen für das Leid der anderen, ob in Amazonien oder anderswo, oder eben auch in Südtirol, zu feiern. So hat Amazonien auch mit unserer Kirche vor Ort zu tun.
Im Schreiben Querida Amazonia spricht Papst Franziskus von einer Kirche Amazoniens mit eigenem Antlitz. Er ermutigt die Kirche vor Ort, ihre Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien, die Zeichen der Zeit zu lesen und mutige Schritte zu setzen. Auch wenn er die großen Erwartungen nach einer Aufweichung des Zölibats oder der Weihe von Frauen nicht erfüllt, so lässt er doch diese Fragen für die weitere Diskussion offen. Auch aus diesen Passagen des Schreibens Querida Amazonia kommt eine Anfrage an unsere Kirche vor Ort: Wie lesen wir die Zeichen der Zeit? Wie geht die Kirche in Südtirol mit der Erfahrung vieler Laien, vor allem der Frauen, um, nicht wirklich ernst genommen zu werden, nicht gehört, nicht gesehen und nicht an der Gestaltung der Kirche auf Augenhöhe beteiligt zu werden. Die im eben veröffentlichten Buch „bleiben.erheben.wandeln (Hrsg.): Frauen machen Kirche“ gesammelten Texte und die Aussagen von Prof. M.Th. Ploner anlässlich der Vorstellung des Buches lassen an Deutlichkeit in Hinblick auf die notwendigen Veränderungen nichts offen. Ein offenes Ohr dafür an den Tag zu legen, ist ein erster und unabdingbarer Schritt für die Kirche.
„Lasst uns furchtlos sein, stutzen wir dem Heiligen Geist nicht die Flügel.“ (Querida Amazonia, S.58)